Warum Intelligenz allein an der Börse überhaupt nichts nützt

Es gibt eine herrliche Story, von der ich dir erzählen muss. Über einige Jahre wurde im Auftrag der Chicago Sun Times ein Experiment durchgeführt. Dabei markierte ein Affe namens Adam Monk im Wall Street Journal verschiedene Aktien, die dann gekauft wurden.

Das Ergebnis: Er fuhr damit besser als viele echte Fondsmanager. [1]

Noch spannender aber ist, dass dieses Ergebnis für Finanzexperten nicht überraschend war. Ganz im Gegenteil: Burton Malkiel, ein Vertreter der Effizienzmarkttheorie, schrieb schon im Jahr 1973 in seinem Klassiker “A Random Walk Down Wall Street” [2], dass ein Affe durchaus genausogut anlegen kann wie ein Finanzprofi:

“A blindfolded monkey throwing darts at a newspaper’s financial pages could select a portfolio that would do just as well as one carefully selected by experts.” (Burton Malkiel)

Die Ursache für das Ganze ist, dass die Märkte ziemlich effizient sind. Und das macht es schwer, besser abzuschneiden, auch wenn man clever agiert. Denn alles, worauf man sich an Informationen stützt, kann genausogut schon in den Kursen eingepreist sein – und eine Zufallsauswahl daher genauso gut abschneiden.

Hinzu kommt, dass der Affe im Test einen Vorteil hatte. Denn seine Aktien wurden gleichgewichtet ins Portfolio gepackt. Fondsmanager haben dagegen verschiedene Gewichtungen, die sich auch an ihren Benchmarks und damit am Börsenwert der Unternehmen orientieren (was nicht selten dazu führt, dass die Performance leidet).

Aber was, wenn das Ergebnis im Affen-Experiment nur Zufall war? Im Jahr 2013 wurde eine Studie veröffentlicht, in der ein ähnliches, aber viel umfassenderes Experiment durchgeführt wurde. [3] Die Forscher erstellten 100 Portfolios mit jeweils 30 gleichgewichteten Aktien, die zufällig aus den größten 1000 US-Titeln selektiert wurden. Es kam also kein echter Affe zum Einsatz. 94 dieser 100 Portfolios schnitten besser ab als ein nach Börsenwert gewichtetes Portfolio aller 1000 Aktien.

Es gab weitere Experimente mit ähnlichen Ergebnissen. Nicht nur mit Affen – auch die Anlageergebnisse von Katzen können sich sehen lassen. Auch Schulkinder konnten es locker mit den Profis aufnehmen.

Intelligenz allein nützt an der Börse überhaupt nichts. Man kann den ganzen Tag analysieren und es Jahrzehnte als Beruf ausüben. Lange fleißig viele Detailinformationen und widersprüchliche Argumente gegeneinander abwägen, um zu einer ausgewogenen Anlageentscheidung zu kommen. Nur, um dann von einem Affen oder einer Katze versägt zu werden. Ein faszinierendes Phänomen, das sich in keinem anderen Beruf findet.

Und es wird noch verrückter: Mitunter sind die intelligentesten Menschen besonders schlechte Anleger. Dazu 2 Beispiele:

● Sir Isaac Newton. Ein genialer Physiker, der grundlegende Gesetze von Bewegung und Schwerkraft formulierte, verlor fast sein gesamtes Vermögen in der South-Sea-Spekulationsblase. [4] Dazu soll er später Folgendes gesagt haben:

“I can calculate the movement of stars, but not the madness of men.”

● Long-Term Capital Management (LTCM). Dieser Hedge Fonds wurde von hochrangigen, erfahrenen Finanzprofis geführt und von Nobelpreisträgern beraten. Das nützte aber leider nichts, als sich der Markt gegen ihre Trades wandte und der Fonds pleite ging (bzw. durch eine milliardenschwere Notstützung gerettet werden musste).

Ich will damit nicht sagen, dass Intelligenz an der Börse schadet. Man muss aber bescheiden bleiben und immer wissen, was man alles nicht weiß. Es kommt darauf an, die richtigen Entscheidungen zu treffen, so schwer diese auch sein mögen (z.B. Buchverluste realisieren).

Eines muss man faierer Weise aber auch sagen: Erst durch viele einzelne, intelligente Marktteilnehmer, die Informationen auwerten und entsprechend handeln, wird der Markt effizient. Eine Horde Affen könnte das jedenfalls nicht bewerkstelligen.

Intelligenz nützt vor allem dann nichts, wenn die Masse in die falsche Richtung rennt. Man kann das nicht aufhalten. Stell dir vor, es gibt eine Panik im Fußballstadion nach einem plötzlichen Bombenalarm. Alle wollen so schnell wie möglich raus und drängen sich zu den Ausgängen. Du bist der einzige, der weiß, dass es nur ein Fehlalarm ist.

Du stehst also am Ausgang, die Massen kommen auf dich zu. Wirst du jetzt versuchen zu sagen: “Hey Leute, wartet doch mal, es ist doch nur ein Fehlalarm. Haltet an, beruhigt euch, und geht wieder auf eure Plätze.”

Kein Mensch wird auf dich hören, obwohl du ja eigentlich recht hast. Sie werden dich vielleicht nicht einmal wahrnehmen und einfach überrollen. Genauso ist es an den Märkten, wenn Angst und Panik herrschen.


Quellen:
[1] ProsperityPeaks (2015), Dartboard Investments: Contests, Monkeys, and Random Stock Picks, Zugriff am 28.09.2015,

http://www.prosperitypeaks.com/dartboar ... t-contests

[2] Malkiel, B. (1973), A Random Walk Down Wall Street, W. W. Norton & Company.
[3] The Economist (2014), No monkey business? Zugriff am 28.09.2015,

http://www.economist.com/blogs/freeexch ... erformance

[4] Zerohedge (2013), How Isaac Newton Went Flat Broke Chasing A Stock Bubble, Zugriff am 29.09.2015,

http://www.zerohedge.com/news/2013-12-1 ... ock-bubble

[5] Wikipedia, Long-Term Capital Management, Zugriff am 29.09.2015,

https://en.wikipedia.org/wiki/Long-Term ... Management

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